§ 20a IFSG regelt in Abs. 5 die Handlungsmöglichkeiten des Gesundheitsamts, nicht aber die des Arbeitgebers.

Eine im Krankenhaus arbeitende Arbeitnehmerin verstößt mit der Vorlage einer aus dem Internet heruntergeladenen Bescheinigung über eine Corona-Impfunverträglichkeit, die weder auf einer ärztlichen Untersuchung noch wenigstens auf einer individuellen ärztlichen Anamnese beruht, jedoch gegen eine gesetzlich geregelte Nebenpflicht aus ihrem Arbeitsvertrag.

Mit der vorgelegten Impfunfähigkeitsbescheinigung sollte bewusst ein falscher Eindruck erweckt werden, und zwar, dass, bezogen auf „diesen Patienten“, dessen individuelle Situation aufgrund ärztlicher Einschätzung nach individueller Kontaktierung bewertet wurde mit dem Ergebnis einer zeitlich begrenzten Impfunfähigkeit.

Der Versuch der Arbeitnehmerin, ihre gesetzliche Nebenpflicht zur Vorlage einer Impfunfähigkeitsbescheinigung zu umgehen, wirkt sich besonders belastend auf das Arbeitsverhältnis und gravierend auf das Vertrauensverhältnis aus.

Im Rahmen der Interessenabwägung im Einzelfall war von entscheidender Bedeutung, dass die Arbeitnehmerin ihre individuellen Vorbehalte gegen eine Impfung direkt gegenüber der Arbeitgebrin hätte äußern können und müssen.

Die Verwendung der aus dem Internet heruntergeladenen Bescheinigung stellte sich als unrechtmäßiges Mittel dar, um sich vorübergehend der Verpflichtung nach § 20a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 IFSG zu entziehen. Diese Vorschrift sichert ein überragendes Gut, die öffentliche Gesundheit.

Ein Arbeitgeber muss sich in diesem Zusammenhang nicht auf eine vorherige Abmahnung verweisen lassen. Schließlich ergaben sich im konkreten Fall auch keine individuellen gesundheitlichen Anhaltspunkte, aufgrund derer die Arbeitnehmerin – möglicherweise auch durch Erkrankungen in der Vergangenheit begründet – befürchten musste, an Impfnebenfolgen leiden zu müssen.

Die vierte Kammer hielt daher in ihrer Entscheidung die fristlose Kündigung des langjährigen Arbeitsverhältnisses auch nach der Interessenabwägung im Einzelfall für gerechtfertigt.


LAG Schleswig-Holstein, 24.11.2022 – Az: 4 Sa 139/22 Quelle: PM des LAG Schleswig-Holstein