Die Parteien stritten darüber, ob in Abweichung zu den gesetzlichen Urlaubsregelungen zwischen die Parteien vereinbart wurde, eine zeitlich nicht begrenzte Übertragung des Urlaubs auf die folgenden Jahre vorzunehmen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Urlaubsansprüche sind nicht gemäß § 7 Absatz 3 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) untergegangen.
Vielmehr steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zwischen den Parteien eine Abrede bestanden hat, dass der Urlaub ohne zeitliche Begrenzung auf die Folgejahre zu übertragen ist. Diese ist zwar nicht schriftlich festgehalten worden, wurde aber offensichtlich so praktiziert.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein solcher Personalmangel geherrscht hat, dass eine Urlaubsnahme durch die Klägerin nicht möglich war. Maßgeblich sind die individualvertraglichen Vereinbarungen der Parteien, die als gegenüber dem Bundesurlaubsgesetz günstigere Vereinbarung zulässig sind.
Diesbezüglich hat die Klägerin die elektronische Mitteilung des damaligen Direktors vom 21.02.2018 eingereicht. Hierin bestätigte er im Namen des Geschäftsführers die Gewährung des Urlaubs vom 22.02. bis 15.06.2018. Dies ist ein Urlaubsanspruch, der weit über den zu diesem Zeitpunkt der Klägerin zustehenden Urlaub hinausgeht. Die Klägerin hat auch ausweislich des ersten Satzes ihres Urlaubsantrages, der mit abgedruckt ist, den Resturlaub beantragt, das heißt also gerade nicht den Urlaub für 2018. Mithin hat der Direktor ausdrücklich im Namen des Geschäftsführers der Beklagten einen restlichen Urlaubsanspruch von 77 Tagen durch Gewährung anerkannt.
Dies ist nur so erklärlich, dass tatsächlich, wie von der Klägerin vorgetragen, eine vertragliche Abrede über die unbegrenzte Übertragbarkeit des Urlaubs bestand. Ansonsten wäre ein solcher Urlaubsanspruch in dieser Länge als Resturlaubsanspruch nicht möglich.
Die Klägerin war auch nicht gehalten, die fehlende Seite der elektronischen Mitteilung einzureichen. Vielmehr ging diese elektronische Mitteilung auch an den Geschäftsführer der Beklagten, weswegen keine prozessuale Vorlagepflicht besteht. Vor diesem Hintergrund ist auch die Eintragung auf dem Urlaubsantrag vom 22.01.2018 zu bewerten. Zwar ist grundsätzlich die Eintragung von Resturlaubsansprüchen in einem Urlaubsantrag nicht konstitutiv. Vorliegend muss man jedoch die tatsächliche Urlaubsgewährung bei der Beurteilung berücksichtigen. Unverständlich ist, warum die Beklagte dann, jetzt auf einmal ohne Anerkennung des Urlaubsanspruches nur 48 Tage als gegeben ansieht und diese dann auch gewährt.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es der Beklagten oblegen hätte, der Klägerin Urlaub zu gewähren. Es besteht eine Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers hinsichtlich der Urlaubsgewährung, die grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes des § 7 Absatz 3 BUrlG ist. Allgemeine Hinweise auf einem Urlaubsformular genügen diesbezüglich nicht. Mithin hätte die Beklagte substantiiert vortragen müssen, welche Schritte unternommen worden sein sollen, um den Urlaubsanspruch der Klägerin zu realisieren.
ArbG Berlin, 22.06.2020 – Az: 19 Ca 15942/19